Glasfaser-Durchgangsprüfung mal anders: Das Redneck Light Meter

Veröffentlicht am: Di 06 Mai 2025 Translations: en
Rot leuchtendes Glasfaserende am Rohkabel

Abb. 1 Leuchtendes Glasfaserende unter Beobachtung

Durchgangsprüfung mit sichtbarem Licht

Nach dem Spleissen einer Glasfaser empfiehlt es sich, zumindest eine einfache Durchgangsprüfung mit sichtbarem Licht durchzuführen. Hierzu benutzt man einen Visual Fault Locator (VFL). Bei diesem Gerät handelt es sich um einen Laser mit einer Glasfaserkupplung an der Austrittsöffnung. Anders als gängige Glasfaser-Transceiver, die im Bereich von 850nm oder 1300nm arbeiten, sendet dieser Laser sichtbares Licht aus - in der Regel Rotlicht mit einer Wellenlänge von 650 Nanometern. Für die Durchgangsprüfung schliesst man diesen Laser an das soeben gespleisste Ende der Glasfaser an und überprüft, ob am anderen Ende der Faser rotes Licht zu sehen ist.

Rot leuchtende Staubschutzkappe an Glasfaserkupplung

Abb. 2 Leuchtende Glasfaserkupplung unter Beobachtung

Lasersicherheit: Nicht direkt in die Faser blicken!

Dazu sollte man selbstverständlich nicht direkt in die Faser blicken - das Laserlicht kann temporär blenden und im schlimmsten Fall bleibende Augenschäden verursachen. Stattdessen sollte man eine schwach reflektierende Projektionsfläche wie ein weisses Blatt Papier benutzen. Eine andere Möglichkeit ist das Abdecken des Faserendes mit einem teiltransparenten Material, das als "Lampenschirm" für das austretende Licht fungiert und es streut. Exzellent eignet sich hierfür die Staubschutzkappe einer Kupplung (Abb. 2). Aber auch die abgeschnittenen Fingerenden eines Einmalhandschuhes, die ich als Querwasserschutz auf das offene Kabelende geklebt habe, streuen das Licht in geeigneter Weise (Abb. 1).

Nachteil Reisezeit

Soweit funktioniert dieses Verfahren wunderbar. Allerdings ist es meist recht mühsam: Man muss sich nach jedem Umstecken des Visual Fault Locators zum anderen Faserende begeben und das ankommende Licht überprüfen. Je nach Länge der zu messenden Strecke benötigt dieses Hin und Her viel Zeit. Diese Zeit multipliziert sich mit der Anzahl der Einzelfasern im Glasfaserkabel. Bei dem im vorliegenden Fall verwendeten Bündeladerkabel mit 24 Einzelfasern hätte das erheblichen Aufwand bedeutet.

Mehrere einzelne Glasfasern.

Abb. 3 Kamerabild am Laptop-Monitor

Licht zurückholen

Um Zeit zu sparen, kann man das am anderen Ende der Strecke aus der Glasfaser austretende Licht zum aktuellen Standort zurückholen. Die orthodoxe Methode hierfür ist es, die Faser beidseitig zu spleissen, und auf der Gegenseite Glasfaser-Patchkabel zwischen Paaren von Glasfasern zu stecken. Auf diese Weise stellt man eine oder mehrere Schlaufen her. Schliesst man nun den Visual Fault Locator an eine Faser eines solchen Paares an, sollte das Licht aus der anderen austreten. Schwierig wird es im Fehlerfall: An einer solchen Schlaufe sind insgesamt vier Spleissverbindungen und drei Steckverbindungen beteiligt. Jede dieser insgesamt sieben Verbindungen - oder sogar mehrere - kann das Problem sein. Ausserdem funktioniert diese Methode nicht, wenn die Glasfasern einseitig aufgespleisst sind und man den Durchgang der lokalen Spleisse überprüfen möchte, bevor man sich zur anderen Seite begibt.

Indirekte Lichtübertragung mit dem Redneck Light Meter

Die Probleme der orthodoxen Methode kann man - unter gewissen Voraussetzungen - mit einer unorthodoxen Methode vermeiden, die ich "Redneck Light Meter" getauft habe. Sie ist etwas grob, aber sie funktioniert gut. Da ich unter anderem auch Videoüberwachungsanlagen errichte, habe ich in der Regel die eine oder andere IP-Kamera herumliegen. Eine solche Kamera kann man verwenden um einen Livestream vom anderen Faserende - und damit auf indirekte Weise das aus der Faser scheinende Licht - zu übertragen. Selbstverständlich funktioniert das nicht immer und überall. Eine wie auch immer geartete Netzwerkverbindung über vorhandene Kupferleitungen - wie im vorliegenden Fall - oder eine Internetverbindung an beiden Endpunkten der Glasfaserstrecke muss vorhanden sein. Selbstverständlich kann man auch zunächst nur ein Faserpaar beidseitig spleissen und dieses für die Videoübertragung nutzen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann das Redneck Light Meter eingesetzt werden, um schnell und effektiv auch einseitig gespleisste Fasern auf Durchgang zu prüfen.

Warum "Redneck Light Meter"?

Der Name leitet sich vom Light Meter (genauer: Optical Power Meter) ab, einem Messgerät zur Dämpfungsmessung von Glasfasern. Das Light Meter wird zusammen mit einer Referenz-Lichtquelle mit der gleichen Wellenlänge wie die später an der Glasfaser zum Einsatz kommenden optischen Transceiver eingesetzt (z.B. 1300nm). Zunächst kalibriert man das Light Meter durch direkten Anschluss an die Lichtquelle. Anschliessend verbindet man die Lichtquelle mit einem Ende der zu messenden Glasfaser und misst die Intensität des am anderen Ende der Glasfaser ankommenden Lichtes. Aus dem Unterschied dieser Intensität und dem Kalibrierwert direkt an der Lichtquelle errechnet das Light Meter die Dämpfung der Glasfaser. Das Präfix "Redneck" zeigt an, dass dieses Werkzeug deutlich gröber ist und nur ein binäres Resultat liefert: Es sagt aus, ob Licht im sichtbaren Bereich des Spektrums am anderen Ende der Glasfaser ankommt oder nicht.

Da ich mit Überwachungskameras arbeite, die bei Dunkelheit Infrarotlicht mit einer Wellenlänge von 850nm verwenden, können sie vermutlich auch zur etwas realistischeren Durchgangsprüfung von Multimode-Fasern verwendet werden: Multimode-Transceiver benutzen zur Datenübertragung ebenfalls eine Wellenlänge von 850nm. Somit sollten diese Kameras in der Lage sein, das Licht aus einer entsprechenden Lichtquelle zu sehen. Getestet habe ich das allerdings noch nicht. Die bei Singlemode-Transceivern üblichen Wellenlängen von 1300nm und höher sind für die Bildsensoren handelsüblicher Überwachungskameras wahrscheinlich nicht sichtbar.

×